Unvorhersehbare Ereignisse geben wertvolle Impulse, um Neues zu schaffen. Ausgangspunkt: Durch Störungen und Hindernisse beginnt ein Prozess, für den es noch kein Muster gibt und dessen Ausgang ungewiss ist. Wie gehen wir mit unerwarteten Situationen um? Was bedeutet dies für die Aufführungspraxis?
Phase 1: Am Anfang die Frage: Welche Bereiche außerhalb der Künste haben sich bereits mit dem Prinzip Störung in der Literatur beschäftigt?- Biologin und Wissenschaftstheoretikerin Donna Haraway (Lit.: Unruhig bleiben). - Systemtheoretiker Niklas Luhman (Lit.: Risiko und Gefahr)
Phase 4:Eine Neuorientierung? Die französische Anthropologin, Dokumentarfilmerin und Fotografin Laura Ben Hayoun schlägt vor, Unausgesprochenes, verdrängendes Schweigen, blinde Flecken der Vergangenheit durch unkonventionelle Erzählungen und mit fiktiven Mitteln sichtbar zu machen. Mit Bildern aus Archiven und Filmen lädt sie ein, Situationen nachzuspielen. Im Reenactment findet eine Annäherung an persönlich Erlebtes mit fiktiven Mitteln statt. Über die Aneignung von Bildern wird der Raum zwischen den Bildern befragt, indem er durch Imagination neu aufgefüllt werden muss. Durch Irritation, Verschiebung, Störung und Fiktion wird das Erleben herausgefordert, um im Idealfall in Auseinandersetzung und Engagement aufzugehen.
Nächster Schritt: Planung einer „alternativen Dokumentation“ auf der Grundlage dieser Recherche. Es geht zukünftig um neue performativ-filmisch-kompositorische Formen biografischen Erzählens, mit Blick auf eine Auflösung von Identität als Gegenbild zum gerade wieder propagierten Schreckgespenst identitärer Hochrüstung.
„In der Nähe des Lärms, des Chaos, der tödlichen Unordnung entseht das Neue“ (Michel Serres)
Phase 3: Was kann das Theater überhaupt tun in der Krise? Können wir die Welt anders repräsentieren, vielleicht sogar in sie eingreifen?In einer Zeit der „alternative facts“ verschiebt sich der Blick auf das, was wir als Realität verstehen. Andererseits war Theater schon immer ein Ort des alternativen Handelns oder ein Möglichkeitsraum, in dem wir mit realen, erfundenen, fiktiven Bildern und alternativen Realitäten agieren. Dieses Agieren mit fiktiven Elementen kann jedoch, der Soziologin und SystemforscherinElena Espositofolgend, einen klareren Blick auf die Realität ermöglichen. Können wir also aktivistisch etwas bewirken, aufklären, andere Perspektiven und Möglichkeiten aufzeigen, indem wir z.B. irritierende Imagination in dokumentarische Projekte einbringen?
Phase 2: Erfahrungsaustausch. Gespräche mit Menschen aus unterschiedlichsten Berufen im persönlichen Umfeld. Fragen: Wie reagieren sie im Zustand der Krise? Wie schafft man es immer wieder neu handlungsfähig zu bleiben?